Wein degustieren heisst auch die Nase trainieren
Der Geruchssinn verfügt über ein ausgeprägtes Erinnerungsvermögen. Als „Augentiere“ sind wir Menschen aber nicht sehr geübt darin, Gerüche genau zuzuordnen, so wie wir es z.B. mit Farben in Sekundenbruchteilen beherrschen. Der Experte empfiehlt deshalb, alles, was Ihnen unter die Nase kommt zu beschnuppern, sich den Geruch, am besten mit geschlossenen Augen, bewusst zu machen und zu merken.
Riechen Sie an Holz, an frischem Gras, an Äpfeln, Kirschen, Brombeeren, einfach an allem. Sie werden erstaunt sein, wie schnell Sie Ihren Geruchssinn dadurch trainieren und wie aromatisch vielfältiger Ihre Weindegustationen dadurch werden.
Vermeiden Sie störende Fremdgerüche. Riechen Sie am Glas, bevor Sie den Wein einschenken. Hat das Glas einen Eigengeruch, giessen Sie etwas Wein ein und benetzten Sie die gesamte Glasoberfläche damit. Giessen Sie den Wein weg – jetzt sollte das Glas zur Verkostung bereit sein. Achten Sie auch auf andere Fremdgerüche.
«Einen kräftigen Schluck kauen»
Wein wird mit Augen, Nase und Gaumen verkostet. Halten Sie das Glas gegen das Licht oder eine weisse Wand. Ob hellgelb, goldgelb, kirschrot, rubinrot, oder granatrot, hell oder beinahe schwarz, mit violetten Reflexen oder mit von höherem Alter zeugenden Braunschattierungen, die Weinfarbe sollte in jedem Fall klar sein. Trübungen deuten auf Weinfehler oder auf mangelnde Sorgfalt beim Dekantieren eines Weines, der bereits ein Depot gebildet hat. Lesen Sie mehr dazu im Thema „Öffnen und Dekantieren“.
Halten Sie die Nase ins Glas und atmen Sie dabei ein paar Mal kurz ein. Die Empfindsamkeit des Geruchssinns ist nur für ganz kurze Zeit auf höchstem Niveau. Schon bei einem längeren Atemzug tritt ein Gewöhnungseffekt ein. Deshalb Nase raus aus dem Glas, ausatmen, Nase mit Umgebungsluft neutralisieren und wieder hinein ins Glas. Aus genannten Gründen macht das aber auch nur 2 bis 3 Mal Sinn, bei weiteren Malen können Sie keine Gerüche mehr feststellen.
Jetzt nehmen Sie bedächtig einen kräftigen Schluck. Lassen Sie den Wein von der Spitze weg über Ihre Zunge rollen. Speziell an der Zungenspitze nimmt man die Süsse eines Weines am deutlichsten wahr, weiter hinten und am Gaumen treten dann Säure und Gerbstoffe in den Vordergrund. «Kauen» Sie den Wein, damit er den ganzen Mund ausfüllt. Schlürfen Sie ein wenig Luft dazu, das hilft den Aromen sich zu entfalten.
Achten Sie beim Schlucken auf die Nachhaltigkeit, das Finale. Atmen Sie nachher noch einmal langsam und bewusst durch den Mund ein. Wie viel von der Aromatik ist noch da?